Interessant. Ich habe mir erst jetzt zu Weihnachten eine HC-Ausgabe schenken lassen und diese ist laut Impressum bereits die dritte Auflage. Demnach müsste wohl auch die zweite zu knapp kalkuliert gewesen sein.Erik hat geschrieben:Die HC-Ausgabe ist schon die zweite Auflage; da hat man wohl eine sehr kleine erste produziert gehabt und schnell nachgelegt.
Ich habe keinen Grund, dem letzten Absatz des Vorworts in Bezug auf diese Überlegungen nicht im Wesentlichen zu glauben. Demnach handelt es sich um Zeichnungen, die von Uderzo als Vorlagen für den Film erstellt wurden und die nun neue arrangiert und mit einem neuen Cover versehen wurden. Dafür, dass in diesem Album in größerem Maßstab Material verwendet wurde, dass nicht von Uderzo stammt (von der Kolorierung wie üblich abgesehen), sehe ich keinen Anhaltspunkt. Und ich bin auch gewillt zu glauben, dass die Auswahl des Materials im Wesentlichen von Uderzo selbst vorgenommen wurde. Die Reihenfolge steht ja ohnehin fest und bei den meist ganzseitigen Zeichnungen ist ja auch die Frage des Layouts nicht allzu schwierig. Viel mehr als die Frage, welche der zu der jeweiligen Prüfung gehörenden Zeichnungen verwendet werden, war da also kaum zu entscheiden.Erik hat geschrieben:Neu gezeichnet ist aber wohl auch nur das Cover der Neuausgabe. Die Zeichnungen im Inneren dürften insofern Altbestände von Uderzo oder aus dem Filmstudio sein. Die Kolorierung stammt von Thierry Mébarki, der ja auch die Uderzo-Comic-Alben schon koloriert hat.
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Offen bleibt für mich - letztlich allerdings in beiden Versionen - die Frage nach Urheberschaft und Originalität. Es ist offensichtlich, daß zwar einige der Zeichnungen aus dem alten Album ganz oder in Teilen - teils anders angeordnet, teils ergänzt - auch in der aktuellen Neugestaltung wiederauftauchen. Aber ebenso offensichtlich ist, daß es nicht wenige Figuren und Objekte gibt, die sich so im alten Album überhaupt nicht finden. Woher kommen die? Sind es wirklich Zusammenstellungen aus den Model Sheets und Konzeptzeichnungen? Sind das alles Originalzeichnungen von Albert Uderzo oder stammen davon auch welche aus den Beständen des Studios Idéfix, die von anderen Zeichnern erstellt wurden? Auf dem Titelblatt steht "Zeichnungen von Albert Uderzo". Aber zumindest die Anordnung innerhalb der einzelnen Bilder hat er so ja nicht vorgenommen, sondern allenfalls die Versatzstücke dazu gezeichnet. Insofern bleibt das neugeschaffene Album letztlich - so jedenfalls vermute ich das - eine von ungenannten Grafikern bei Hachette erstellte Montage aus für den Film von Albert Uderzo gezeichneten Versatzstücken, sprich: Einzelfiguren oder Figurengruppen. Ob er auch alle Hintergründe, Objekte etc., die sich üblicherweise nicht auf Model Sheets befinden, selbst gezeichnet hat, bleibt dabei ebenfalls unklar.
Was mich verwundert hat ist, dass einige Formulierungen haarscharf an der Formulierung aus dem Film vorbei gehen und zwar so knapp, dass ich mich frage, warum man dann nicht gleich die bekannte Fassung aus dem Film genommen hat. Da ich weder die französische Fassung des Albums noch die des Filmes kenne (und erst Recht nicht den Original-Drehbuch-Text von Goscinny, auf den ja alle Texte zurück gehen sollten), kann ich über Gründe natürlich nur spekulieren: Ich vermute, dass das französische Album (absichtlich) sehr nah an einer frühen Fassung des Drehbuchtextes liegt, der seinerseits bis zur finalen Fassung für den Film noch nachgeschliffen wurde. Demnach würde es die minimalen Unterschiede bereits im Vergleich des französischen Albums mit dem französischen Film geben und es war eine bewusste Entscheidung, es auch in der deutschen Übersetzung so zu halten. Klingt zugegebenermaßen etwas konstruiert, erscheint mir aber zumindest wahrscheinlicher, als ein anderer Erklärungsversuch, nämlich dass Klaus Jöken den Film nicht kennt und nur zufällig äußerst ähnliche Formulierungen getroffen hat. Und wenn solche Zufälle eben ausscheiden, müssen die Abweichungen wohl Absicht sein.Erik hat geschrieben:Inhaltlich fällt auf, daß der Text teils weit von dem der alten Ausgabe abweicht. Man könnte beinahe vermuten, es müßte ein anderer Ausgangstext zugrundegelegen haben. Tatsächlich aber hat mein stichprobenartiger Vergleich des französischen Texts des Artbooks zur Neuausgabe mit einer normalen französischen Altausgabe ergeben, dass die französische Textversion von alt und neu weitgehend übereinstimmt. Wie Caius_P oben schon schrieb, gab es in der französischen Version einige Kürzungen, d.h. es fehlt hier und da mal ein Satz. Auch wurde teils die Interpunktion verändert, so daß manchmal ein Teilsatz in Klammern steht, der vorher in den Satz eingegliedert war, o.ä. Doch diese Veränderngen erklären nicht die deutlichen Abweichungen im deutschen Text der Ausgaben.
Es kann also m.E. nur so sein, daß entweder die alte Übersetzung von Angelika Mohr und Christine Wagner oder die neue von Klaus Jöken - oder natürlich beide - sich erhebliche Freiheiten genommen haben.
Insgesamt gefällt mir der Band auf jeden Fall gut. Auch wenn ich die alte Fassung ebenfalls habe (im Detail verglichen habe ich noch nicht), betrachte ich ihn als Gewinn.
MfG
Michael