Adolf Kabatek über (die Anfänge von) Asterix in Deutschland

Allgemeine Themen, die etwas mit Asterix zu tun haben und Vorstellung aktueller Asterix-Hefte, -Filme und -Produkte.

Moderatoren: Erik, Maulaf

Antworten
Benutzeravatar
Nullnullsix
AsterIX Bard
Beiträge: 1470
Registriert: 19. April 2014 19:56

Adolf Kabatek über (die Anfänge von) Asterix in Deutschland

Beitrag: # 59470Beitrag Nullnullsix »

Auch hier im Forum wurde bereits mehrfach (mindestens mal hier:
https://www.comedix.de/pinboard/viewtop ... 432#p59432 und da:
https://www.comedix.de/pinboard/viewtop ... 250#p26250 ) das Kabatek-Zitat erwähnt (und zitiert, bzw. abgebildet). Ich hab jetzt mal die mir vorliegenden Quellen gesichtet. Hier die ausführlichste Fassung, die ich gefunden habe:
Ein ganz großer Schlager, der am Anfang überhaupt kein Schlager war, das war der Asterix. Den wollten wir nach einigen Monaten einstellen, weil er nicht ging. Wir haben mit 50.000 Exemplaren angefangen und zwei Bände gemacht. Leider haben wir die im Dezember produziert, und so war natürlich bis Jahresende davon in der Bilanz nicht viel zu sehen. Wir hatten bloß Bestände, aber fast keine Umsätze. Unsere dänischen Kapitaleigner sagten daraufhin, das hat doch keinen Zweck, machen wir Schluß. Ich bin sehr stolz und glücklich darüber, daß ich das gebremst habe. Ich habe denen gesagt, das wäre ja ein Wahnsinn, wenn man nur so und so viel Tage Verkaufszeit hatte. Dann ist es eben nicht drin, daß man schon die ganze Auflage verkauft hat. Und tatsächlich, dann stieg die Auflage, 80.000, 100.000, 150.000 Exemplare, und es stellte sich heraus, wir müssen [s]die ersten Bände[/s] nachdrucken. Das steigerte sich dann in sich selbst. Wenn Sie erst einmal auf der Rückseite eines Albums stehen haben 'Bisher erschienen: ...', wollen die neuen Leser die ersten Bände auch haben. Beim vorletzten Album, Band 26: Die Odyssee, hatten wir noch 2,1 Millionen Auflage, und beim diesjährigen, also Band 27: Der Sohn des Asterix, hatten wir eine Basisauflage von 2,3 Millionen. Die haben wir ausgeliefert und inzwischen musste ein Nachdruck von 400.000 Exemplaren gemacht werden. Dabei haben viele gesagt, ja Mensch, wenn erstmal sechsundzwanzig Bände erschienen sind, dann muß das ja irgendwann einmal nachlassen. Das ist aber nicht der Fall.
Zitiert nach Horst Berner, Das große Asterix Lexikon (3., erweiterte Auflage 2001), Seite 27. Demzufolge stammt die Aussage vom Dezember 1983.

Auf Seite 36 findet sich das Zitat des Lexikons in gekürzter Form erneut, vermutlich in der Form, wie es auch in der Werkausgabe zu Band 1 erschienen ist, denn das Lexikon scheint über weite Teile eine Zusammenstellung der redaktionellen Beiträge der Werkausgabe zu sein. Hierbei wurde der Text wohl auch 1:1 übernommen und nicht aktualisiert (zB steht auf Seite 37 unter dem Schlagwort 'Asterix': "Die bislang publizierten 28 publizierten Abenteuer...", obwohl das Lexikon bereits die ersten 30 Bände abhandelt, in dieser dritten Auflage sogar die ersten 31 Bände.)

Eine frühere Veröffentlichung findet sich in: Andreas C. Knigge: "Fortsetzung folgt - Comic Kultur in Deutschland", Ullstein TB 36523, 1986, S. 250. Quellenangabe dort: "Horst Berner: Interview mit Adolf Kabatek, in: Stuttgart live 2/84, Stuttgart 1984." Der dortige Abdruck ist gegenüber der 'Langfassung' aus dem Lexikon etwas gekürzt und weicht geringfügig in Formulierungen und Formatierungen ab. Zusammen genommen scheint daher, als habe Berner im Dezember 1983 Kabatek interviewt und das Interview wurde dann Anfang 1984 in 'Stuttgart live' (vermutlich einer Stadtzeitschrift) veröffentlicht. Daraus hat Knigge zitiert und Berner selbst hat zumindest diesen Teil des Interviews in seinen Beiträgen für Ehapa wieder verwendet.

Ergänzend dazu: Im ersten 'Jubiläumsband' von Asterix der Gallier von 1988 schreibt Kabatek zu den Anfängen:
Bis zur ersten Gesellschafterkonferenz im Mai 1969 blieb nur wenig Zeit. Bei der Beurteilung des Erfolges wurde außerdem nur die Zeit vom 16. bis 31. Dezember berücksichtigt. Dem Verkauf von wenigen Exemplaren standen die Druck- und Vertriebskosten von zwei mal 50 000 Heften gegenüber. Schluß? Schluß!

Aber das klingt wie die Story von dem Kapitän, der erzählt, wie er von den Kannibalen gebraten wurde. Irgendwie kam ich doch davon mit meinem Asterix. Ich bekam ein weiteres Jahr, und bis zur nächsten Gesellschafterkonferenz lief er einigermaßen.
Und das tut er heute noch - einigermaßen.*

* Die deutschsprachige Startauflage von Band 28 Asterix im Morgenland betrug 2,4 Millionen Exemplare
Letztlich sind auch diese Aussagen nicht ohne 'innere Widersprüche'. So sagt Kabatek einerseits "Den wollten wir nach einigen Monaten einstellen, weil er nicht ging." (Hervorhebung von mir). Andrerseits berichtet er dann, dass die (Kapitaleigner) die Serie einstellen wollten, er selbst das aber abgewendet habe. Das widerspricht der 'wir'-Aussage, die ihn selbst ja mit zu denen zählt, die einstellen wollten. Zudem klingt durch, dass Kabatek hier an der 'eigenen Legendenbildung' strickt. Was verständlich und legitim ist, in der Rezeption aber mit bedacht werden sollte. Wie auch die zeitliche Komponente, sprich: der Abstand der Geschehnisse zum Zeitpunkt, wann die Erinnerungen formuliert wurden. Zur Verlässlichkeit von Erinnerungen gibt es ja wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass man sich an Dinge 'erinnern' kann, die man nie erlebt hat...

Dennoch kann man mMn davon ausgehen, dass zumindest diese Fakten aus den Aussagen von Kabatek stimmen:
1968 wurden zwei mal 50.000 Exemplare (je 50.000 pro Band 1 und 2) produziert, am 16.12.1968 erschien Band 1 (und nur dieser, nicht auch Band 2) und bei der Konferenz im Mai 1969 wurden nur die Zahlen bis 31.12.1968 berücksichtigt, ergo nur die Verkäufe von Band 1 bis zu diesem Zeitpunkt. Zu Band 2 gab es entsprechend nur Kosten und keinen Ertrag. (Ich denke, diese je 50.000 sind die zuweilen als 'Testauflage' titulierten Bände ohne Preisaufdruck.)

Zudem passt der Zeitpunkt der Konferenz (Mai 1969) zur weiteren Editionshistorie: Im Mai erreichte Kabatek, dass es für weitere Bände 'grünes Licht' gab, entsprechend erschien der dritte Band danach, nämlich am 20. Juni 1969.
Spekulativ ist, ob auch diese Konferenz erst dazu führte, dass es von den ersten beiden Bänden die ersten Nachdrucke gab, oder ob solche bereits vorher produziert wurden, weil die ersten je 50.000 ggf. schon vor der Konferenz im Mai abverkauft waren und so ein Nachdruck erforderlich wurde... Ich vermute(!), dass das nicht der Fall war und man für die Nachdrucke von Band 1 und 2 (diesmal dann mit Preisaufdruck "2,50 DM") ein Zeitfenster nach Mai 1969 annehmen kann.
Eigentlich hätte was passieren müssen, als ich auf den Knopf drückte!
Benutzeravatar
WeissNix
AsterIX Bard
Beiträge: 4287
Registriert: 28. April 2016 22:20

Re: Adolf Kabatek über (die Anfänge von) Asterix in Deutschland

Beitrag: # 59471Beitrag WeissNix »

Metusalix hat geschrieben: 4. Oktober 2018 17:52
...Dabei haben viele gesagt, ja Mensch, wenn erstmal sechsundzwanzig Bände erschienen sind, dann muß das ja irgendwann einmal nachlassen. Das ist aber nicht der Fall.
Kunststück - denn einerseits haben sicher viele Leser die Bände nachkaufen müssen, weil die Softcover nach Jahren des immer-wieder-lesens auseinander fallen, andererseits werden ja zu allen möglichen (und unmöglichen) Anlässen Sondernummern mit ein bisschen redaktionellem Inhalt und/oder speziellem Cover gedruckt, die natürlich dann wieder von nicht wenigen Jägern und Sammlern erworben werden müssen. Und neue Leser wurden ja auch allenthalben gezeugt...
Hören Sie mal, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich jetzt einfach aufgebe und verrückt werde? (Arthur Dent in "Per Anhalter durch die Galaxis" von D. Adams)
Wer gendert, hat die Kontrolle über seine Muttersprache verloren. (Karla Lagerfeld)
Antworten