Eure Meinung zum neuen Band

Diskussionen und Informationen zu Asterix-Band # 37

Moderator: Comedix

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Druide Hältnix

Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56888Beitrag Druide Hältnix »

Mir gefällt der neue Band sehr gut (auch wenn ich ihn bisher erst in französischer Sprache genossen habe). Die Story bringt immer wieder Neues hervor (es ist weiss Gott nicht einfach, eine neue gute Story zu finden) und man hat nicht den Eindruck von einem Déjà-Vu (ich hatte die Befürchtung, dass es in etwa gleich aussehen könnte wie bei "Asterix - Tour de France"). Mir gefällt auch, dass mal Obelix die Hauptrolle spielt. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, gestern um 6 Uhr morgens ins französische Grenzgebiet zu reisen... ;-)
Donaldix

Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56893Beitrag Donaldix »

Hallo!

Ich habe mir auch gerade eben den neuen "Asterix"-Band gekauft (by the way habe ich auch Marcos Asterix-Lexikon zwischen den Comics entdeckt) und werde nun auch eine sehr knappe Rezension schreiben.
Allgemein habe ich eine ähnliche Ansicht wie Erik.
Ich finde aber, dass sich Conrad und Ferri seit dem letzten Band nicht gebessert haben, die Geschichte ist auf einem ähnlichen Niveau wie die Papyrus-Geschichte.
Eine Sache, die mich außerdem stört und - wenn ich mich nicht täusche, ich habe die meisten Rezensionen hier nur überflogen - ist, dass sich fast die ganze Geschichte "auf dem Rennwagen abspielt": Fast alle Dialoge, Gags finden dort statt. Das steigert die Spannung nicht gerade und langweilt einen auch etwas...
Noch ein Kritikpunkt: Bei fast allen Asterix-Bänden gibt es gegen Ende eine unterwartete Wende, das hat hier gefehlt: Asterix und Obelix nahmen bei dem Wagenrennen teil - und gewannen. Warum? Wegen einem Schlagloch...

Gruß
Finn
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Michael_S.
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56908Beitrag Michael_S. »

Erik hat geschrieben: 20. Oktober 2017 15:05
idemix hat geschrieben: 20. Oktober 2017 14:44Einzig logische Interpretation ist hier wirklich, dass wer nicht ankommt, nicht gewinnen kann. Mit dem Sieg in der letzten Etappe kommen unsere Gallier auf 28 Punkte und überholen die beiden Prinzessinen.
Man könnte jetzt sagen: warum hat Cäsar dann nicht irgendwie versucht, seinen Wagen über die Ziellinie zu bringen um trotzdem noch zu gewinnen (mit 1 Punkt käme er auf 31)? Die Antwort darauf liegt auf der Hand: ein Wechsel des Pferdewagenfahrers war wohl vermutlich nicht gestattet. Also hätte schon Caligarius selbst irgendwie übers Ziel kommen müssen und hätte das Rennen in dem Fall selbst dann gewonnen, wenn er als Letzter in Neapel angekommen wäre.
Mein Fazit: diese vermeintliche Inkonsistenz (zuerst zählen Punkte, dann zählt der letzte Zieleinlauf) lässt sich erklären. Die Gallier haben demnach wohl nicht deshalb gewonnen, weil sie in der letzten Etappe die Schnellsten waren, sondern weil sie von allen angekommenen Teilnehmern zum Schluss am meisten Punkte hatten.
Das klingt für mich nahezu alles logisch und stimmig. Dem kann ich mich anschließen - obgleich ich dabei bleibe, dass dieses Reglement hätte erklärt werden sollen.

[...]

Alles in allem bleibt es dabei, was Du gesagt hast: Man kann den Sieg der Gallier erklären. Dass man es so ausführlich tun muss ist, wie Michael im Grunde treffend bemerkt hat, eine Folge davon, dass Ferri und Conrad sich eines klaren Reglements für eine sehr mäßige Anspielung auf die Formel 1 begeben haben.
Ja, rechnerisch mag das mit den Punkten so stimmen und auch die Ermittlung des Siegers ist nachvollziehbar. Es ist nicht einmal ein schlechter Spannungsbogen, dass es unsere Gallier noch schaffen, nach der miesen ersten Etappe (1 Punkt) gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner den Sieg davon zu tragen! Ein Punktesystem gibt eine solche Aufholjagd ja durchaus her - nur suggeriert der Band leider permanent etwas anderes:

Damit die Rechnung stimmt, müssen die Gallier die zweite Etappe als zweiter oder dritter beendet haben. Das erste Bild auf Seite 29 suggeriert jedoch, dass sie wieder weit zurück lagen. Mit einem zweiten oder dritten Platz hätte hier der Kampfgeist erwachen müssen und ein "schau, wir waren heute schon viel näher dran als gestern" wäre deutlich angemessener als ein "der führt das Rennen praktisch unangreifbar an".

Dasselbe dann am Ende der dritten Etappe auf Seite 35 im untersten Panel. Wieder sind unsere Gallier hier dritter oder zweiter geworden, damit die Rechnung stimmt. Der Wirt steht aber gelangweilt da, als wenn er die Reste des hinteren Feldes empfangen würde und Publikum scheint auch keines (mehr) da zu sein. Noch dazu betont der Wirt, dass Caligarius die Etappe "um Längen" gewonnen hat, obwohl doch bei einem Punktesystem nur die Reihenfolge des Einlaufs entscheidet und der Abstand überhaupt keine Rolle spielt.

Damit verschleiert der Band leider völlig, was bei einem spannenden Rennen doch das wichtigste ist: Wie es gerade steht!

Da passt es dann natürich auch, dass das große, liebevoll gezeichnete Teilnehmerfeld während des Bandes teilweise kommentarlos (d.h. ohne passendes Bild) so arg dezimiert wird, dass der Zwischenstand letztlich ohnehin egal ist und alle Sieger sind, die es zumindest ins Ziel geschafft haben. Das mag eine beabsichtigte Botschaft des Bandes sein, aber enttäuschend ist sie dennoch. Aus einem Etappenrennen mit echten Gegnern (im Gegensatz zu Tour de France, wo die Gallier nur für sich fuhren) hätte man meines Erachtens mehr machen können.
Latürnich

Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56919Beitrag Latürnich »

Zu Pepe/Seewirt: Die beiden würde ich auch nicht erkennen, in dem Schweizer aber durchaus einen bekannten Charakter, nämlich ein Mitglied des KVV, an deren Fest Asterix und Obelix teilgenommen haben. Dafür sprechen zum einen Hut und Feder als charakteristische Kleidung, zum anderen, dass er sich ausdrücklich darauf beruft, die Gallier zu kennen - und Obelix beim Namen nennt. Ich würde sogar vermuten, es soll der Anführer sein, mit dem Asterix und Obelix das Edelweiß suchen gegangen sind.
Troubadix

Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56948Beitrag Troubadix »

Comedix hat geschrieben: 20. Oktober 2017 12:13Allerdings weiß ich nicht, ob das ausschließlich auf das Konto von Klaus Jöken geht. Aber wenn, dann hat er - wie auch an vielen anderen Stellen - wieder bewiesen, dass ein Asterix-Band mit ihm nur gewinnen kann.
Jetzt wo Herr Jöken gerade nichts zu tun hat ;-) - kann er sich da nicht an eine Neuübersetzung von Band 31 machen?
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WeissNix
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56963Beitrag WeissNix »

Troubadix hat geschrieben: 21. Oktober 2017 18:28 Jetzt wo Herr Jöken gerade nichts zu tun hat ;-) - kann er sich da nicht an eine Neuübersetzung von Band 31 machen?
Glaubst Du im Ernst, Herr Jöken könne allein von einem Asterix-Album alle zwei Jahre leben?
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Troubadix

Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56972Beitrag Troubadix »

WeissNix hat geschrieben:Glaubst Du im Ernst, Herr Jöken könne allein von einem Asterix-Album alle zwei Jahre leben?
Nein, daher der Zwinker-Smiley hinter genau dem Teil vom Satz.
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Comedix
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56978Beitrag Comedix »

Troubadix hat geschrieben: 21. Oktober 2017 18:28Jetzt wo Herr Jöken gerade nichts zu tun hat ;-) - kann er sich da nicht an eine Neuübersetzung von Band 31 machen?
Wenn wir Gudrun Penndorf ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen kann, macht sie vielleicht eine Neuübersetzung nur für Mitglieder des einzigen Asterix-Fanclubs (=Forum-Mitglieder) in Deutschland. ;-)

Gruß, Marco
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Erik
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56979Beitrag Erik »

Hallo,

eine Kleinigkeit zur Übersetzung noch, über die ich schon beim ersten Lesen gestolpert bin, die ich aber jetzt erst nachgeschlagen habe:
In "Tranbantenstadt", S. 10, Bild 9, stellt sich ein kleiner Sklave mit Hakennase als Lusitanier vor. In "Italien" wird das portugiesische Team von Bifidus auf s. 12 als "Wagen der Lusitaner" vorgestellt.

Heißt es jetzt richtig Lusitanier oder Lusitaner? Oder ist beides richtig? In letzterem Falle - den ich mal als zutreffend vermute - hätte ich es besser gefunden, wenn die neue Übersetzung sich der alten im Sinne einer Einheitlichkeit angeschlossen hätte.

Allerdings ist auch Didier Conrad nicht Uderzo gefolgt, was die Physiognomie der Lusitan(i)er angeht.

Gruß
Erik
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Michael_S.
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56984Beitrag Michael_S. »

Erik hat geschrieben: 22. Oktober 2017 10:27 Allerdings ist auch Didier Conrad nicht Uderzo gefolgt, was die Physiognomie der Lusitan(i)er angeht.
Ich finde die Lusitanier markante genug gezeichnet und habe sie gleich als solche erkannt. Wenn man direkt vergleicht, hast du sicher Recht damit, dass es deutliche Abweichungen gibt, aber diese Freiheit gestehe ich Conrad zu. Immerhin sind die Lusitanier bisher nicht allzu häufig aufgetreten und sind daher (zumindest für mich) noch nicht völlig festgelegt.
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Erik
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56987Beitrag Erik »

Hallo Michael,
Michael_S. hat geschrieben: 22. Oktober 2017 13:06Wenn man direkt vergleicht, hast du sicher Recht damit, dass es deutliche Abweichungen gibt, aber diese Freiheit gestehe ich Conrad zu. Immerhin sind die Lusitanier bisher nicht allzu häufig aufgetreten und sind daher (zumindest für mich) noch nicht völlig festgelegt.
das sehe ich genauso. Der von Dir zitierte Satz war als reine Feststellung, nicht als Kritik gemeint.

Gruß
Erik
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Marcus Porcius

Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56994Beitrag Marcus Porcius »

Normalerweise schreibe ich keine Beiträge in Foren oder Rezensionen von Dingen, die ich gekauft habe. Beim neuen Asterix-Band war meine Enttäuschung aber so groß, dass ich eine Ausnahme machen möchte. Gleichzeitig stelle ich fest, dass viele andere Leser „Asterix in Italien“ wohl richtig klasse finden, weswegen ich mir meines Urteils nicht mehr ganz sicher bin. Aus diesem Grund stelle ich mal zur Diskussion, was zu meiner Enttäuschung geführt hat. Dabei bewerte ich dann aber besser die drei Bände des neuen Autoren-Duos im Paket, als mich nur auf den neuesten Comic zu beziehen.

Für mein Empfinden waren die Asterix-Geschichten immer durch zwei Merkmale gekennzeichnet: die glaubwürdige Verwurzelung in der römischen Antike und die gelungene Mischung aus Überspitzung und Realismus.

Zur Antike: „Wir befinden uns im Jahr 50 v. Chr.“, so beginnt jeder Asterix-Band und der Satz ist Programm. Aller Anspielungen auf moderne Phänomene, Personen oder Gegebenheiten zum Trotz konnte man die Asterix-Comics auch immer als Geschichten aus der Antike lesen, die spürbar das Flair der Epoche verströmt haben. Goscinny und Uderzo haben es immer meisterlich verstanden, in der Antike Anknüpfungspunkte für ihre Anspielungen auf die Gegenwart zu finden. Alle Anachronismen, die sich die Autoren dabei leisteten, fielen nicht so ins Gewicht, die geschlossene und glaubhafte Atmosphäre wurde dadurch nicht zerstört. Die Bände bezogen aus dieser Spannung zwischen Antike und Moderne und ihrer gekonnten Verschränkung einen guten Teil ihrer Vielschichtigkeit und ihres Esprits.

Zum Realismus: Klar, Asterix ist kein Comic von der naturalistischen Sorte. Es gibt knallige Farben, Knollennasen, Zaubertränke und einen freien Umgang mit physikalischen und anderen Gesetzmäßigkeiten. Aber dennoch hatten die Geschichten immer auch einen realistischen Touch, der mit dafür verantwortlich war, dass die Comics von allen Altersklassen gelesen werden konnten. So blenden die Geschichten die oft brutalen Seiten der Antike nicht aus: es kommen Gladiatoren vor, Menschen werden zum Tod in der Arena verurteilt, Sklaven werden ausgepeitscht, Giftmorde werden begangen und sogar die Kreuzigung wird einmal erwähnt. Natürlich werden diese Dinge immer humoristisch gewendet und damit entschärft, es kommt nicht wirklich jemand ums Leben. Aber als Hintergrund der Lebenswelt sind diese Aspekte vorhanden und werden auch reflektiert. Auch sind die Personen nie nur Karikaturen oder Witzfiguren, sondern funktionieren auch als Menschen mit einer glaubhaften Persönlichkeit. Und Uderzo malte eben nicht nur bunte Wimmelbilder, sondern hatte auch eine so gute Kenntnis von antiker Architektur und Alltagskultur, dass selbst erfundene Dinge, wie das Fahr-rein-Amphitheater in der Trabantenstadt so glaubwürdig anmuten, dass man geradezu auf ihre archäologische Entdeckung wartet.

Die neuen Asterix-Bände schwächeln meiner Ansicht nach in diesen beiden Markenkernen der Reihe. Ferri und Conrad scheinen an glaubwürdigen Geschichten aus der Antike weit weniger interessiert zu sein. In „Pikten“ ist das Bündnis von Macabberh mit den Römern eher an den Haaren herbeigezogen und scheint nur zu erfolgen, um die Römer als Prügelknaben mit dabei zu haben. Man sieht das auch an der lieblosen Darstellung des Hadrianswalls gegen Ende der Geschichte, die mit den detailreichen und historisch gelungenen Architekturstudien von Uderzo in keiner Weise mithalten können. In „Papyrus“ ist dann wenigstens der Aufhänger der Geschichte mit Cäsars Kommentaren zum gallischen Krieg und der druidischen Vorliebe für mündliche Überlieferung, die eben von Cäsar selbst überliefert wurde, für die Zeit stimmig. Aber die (wenigen) Panel mit Gebäuden wirken dann wieder wie bloß antikisierende Kulissen. Auch die Medien-Persiflage mit Zeitungen, Reportage, Twitter usw. ist für meinen Geschmack zu forciert, um noch glaubhaft in den antiken Rahmen zu passen. Alles in allem fand ich den zweiten Band schon deutlich besser als den ersten der neuen Autoren und war daher jetzt sehr enttäuscht von „Asterix in Italien“, für den ich mir ein Feuerwerk an prächtigen Panoramen und historischen Anspielungen erhofft hatte. Statt dessen ist der Plot der Geschichte der Versuch, ein modernes Phänomen in ein antikes Setting zu transponieren, anstatt umgekehrt, in der Antike nach Verwertbarem für moderne Anspielungen zu fahnden. Die Autoren wollten dem Autonarren Uderzo eine Hommage setzen und überspannen dabei den Bogen des Einbaus von Anachronismen. Zudem wird Italienisch gesprochen, das ohnehin nur grob skizzierte Stadtbild von Siena wirkt eher mittelalterlich und die Straßenszene bei Tibur mit dem Bauklötzchen-Aquädukt wirkt auch nicht überzeugend. Alles in allem habe ich den Eindruck, als hätten Ferri und Conrad den Hintergrund einer glaubhaften Verortung in der Antike aufgegeben, weil sie die Asterix-Geschichten als primär fröhliche Keilerei und Völlerei verstehen. Damit geht aber auch ein Gutteil der Komplexität verloren und ich denke, dadurch wirken die vorhandenen Anspielungen auch so seltsam beliebig und aus der Luft gegriffen, weil sie sich nicht mehr aus einer glaubhaften Geschichte heraus entwickeln, sondern nur noch eingebaut werden, um abgehakt werden zu können.

Der Infantilisierung des Zeichenstils entspricht auch die Verflachung der Charaktere. Einige haben hier schon bemängelt, dass Methusalix kaum noch wiederzuerkennen sei. Natürlich stimmt der Einwand derjenigen, die den neuen Band gut finden, dass Methusalix schon immer ein Schürzenjäger gewesen sei, aber jetzt ist er nur noch das; ein Methusalix auf Speed, der abgeht wie ein Duracell-Hase und von seiner Frau kaum noch an den Rockzipfeln zurückgezerrt werden kann. Aber der etwas großspurige Veteran von Gergovia, der Ratgeber der jüngeren Dorfbewohner, das Mitglied des Dorfrates oder der Pantoffelheld beim Geschirrspülen; diese Seiten von Methusalix sind leider alle weggefallen. Julius Cäsar ist ein wenig besser weggekommen. Ihm bleibt im neuesten Band wenigstens noch, dass er ein guter Verlierer ist und tatkräftig genug, um selbst zur Ehrenrettung Roms die Zügel zu ergreifen. Ansonsten ist er aber nur noch ein selbstverliebter Trottel, der als Gegenspieler nicht mehr ernst zu nehmen ist. Der Staatsmann, Feldherr und Redner, der er früher auch immer war, findet leider nicht mehr statt. Und man muss leider feststellen, dass sich in den letzten drei Bänden überhaupt kein würdiger Gegner mehr findet, der unsere Helden vor ernsthafte Herausforderungen stellen könnte. Kein Quadratus, kein Destructivus, kein Technocratus weit und breit, die nicht nur jeweils ernst zu nehmende Konkurrenten waren, sondern auch interessante Persönlichkeiten.

Den Niedergang kann man gut an den Orgien ablesen: Von einer „echten“ Orgie a la Fellinis Satyricon in den Helvetiern, über eine Polonäse wie auf der Kappensitzung in Papyrus hin zu einem bloßen Synonym für „Einladung zum Abendessen“ mit ein paar lauen Gags im Gefolge in Italien.

Dass Ferri und Conrad nicht Goscinny und Uderzo sind, dass man sie nicht mit den beiden vergleichen kann, dass sie ihren eigenen Stil entwickeln müssen, ist alles selbstverständlich. Ich will auch nicht überkritisch sein, und viele der Nur-Uderzo-Alben lese ich im Gegensatz zu vielen anderen richtig gerne, obwohl ich die Unterschiede zu Goscinny deutlich sehen kann. Aber bei Ferri und Conrad scheint mit die Reise in eine Richtung zu gehen, die aus meiner Sicht den Markenkern aus dem Blick verliert.
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56995Beitrag Christian »

Marcus Porcius hat geschrieben: 22. Oktober 2017 15:21 Normalerweise [...] verliert.
Leider bin ich da ganz bei dir.

Christian
Zuletzt geändert von Christian am 22. Oktober 2017 16:26, insgesamt 1-mal geändert.
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WeissNix
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 56996Beitrag WeissNix »

Marcus Porcius hat geschrieben: 22. Oktober 2017 15:21 Gleichzeitig stelle ich fest, dass viele andere Leser „Asterix in Italien“ wohl richtig klasse finden, weswegen ich mir meines Urteils nicht mehr ganz sicher bin.
Bei mir ist es so: Ich finde viele Anspielungen und Gags in dem Album sehr gelungen, die Story selbst funktioniert aber nicht richtig und dient eher als eine Art "roter Faden", der die einzelnen Gags miteinander verbindet.

Als periodische Fortsetzung in einer Zeitschrift wie Pilote hätte "Asterix in Italien" seinerzeit wohl besser funktioniert denn als komplettes Album; ausserdem glaube ich, dass Ferri mit der Reduktion auf die tatsächlich rund 44 Seiten nicht gut klarkommt - bei den Pikten musste er ja kürzen, wie ich mal irgendwo gelesen hatte, und hier kommt das Ende doch sehr abrupt und überstürzt - ausserdem fehlt der Teil vom Entschluss, am Rennen teilzunehmen, bis zur Reise zum Startort, was der Bedeutung eines solchen Ereignisses (wie in Band XII) Rechnung getragen hätte. Da hätte man auch den schlechten Zustand der Römerstrassen aufgreifen können.
Würden Ferri rund 60 Seiten eingeräumt, käme es seiner Art zu erzählen sicher entgegen.

Der "Papyrus des Caesar" ragt bislang für mich aus den drei Alben des neuen Teams wie ein Leuchtturm heraus, da hier sowohl die Story funktioniert als auch die Anspielungen und Gags sehr gut passen (letztere waren mir bei den "Pikten" - bis auf einige Namen - einfach viel zu bemüht). Bei den Uderzo-Solo-Alben geht es mir mit "Der Odyssee" ähnlich, einzig "Morgenland" kommt da in Ansätzen noch halbwegs mit.
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Re: Eure Meinung zum neuen Band

Beitrag: # 57007Beitrag Erik »

Hallo,
Marcus Porcius hat geschrieben: 22. Oktober 2017 15:21Gleichzeitig stelle ich fest, dass viele andere Leser „Asterix in Italien“ wohl richtig klasse finden, weswegen ich mir meines Urteils nicht mehr ganz sicher bin. Aus diesem Grund stelle ich mal zur Diskussion, was zu meiner Enttäuschung geführt hat.
viele Deiner Kritikpunkte kann ich verstehen, einige teile ich sogar. Aber ich sehe auch vieles nicht ganz so dramatisch. Wie Du selbst schreibst: Ferri und Conrad sind nicht Goscinny und Uderzo. Und sie werden es - auch qualitativ - m.E. nie werden. Das Potential scheint einfach nicht da zu sein. Diese Messslatte ist zu hoch.

Aber wenn man mich fragt, ob ein neuer Asterix-Band auf dem jetzigen Niveau (und ich finde "Papyrus" und "Italien" weitgehend gleichauf) erscheinen soll oder lieber gar keiner, dann würde ich mich klar für Ersteres entscheiden. Goscinny kann man nicht klonen und gerniale Szenaristen wachsen nicht auf den Bäumen. Für das, was möglich ist, ist der neue Asterix schon ganz ordentliche Unterhaltung, finde ich. Und er bricht auch nicht mit dem Kanon. Insofern würde ich mir da keine grauen Haare wachsen lassen.
Marcus Porcius hat geschrieben: 22. Oktober 2017 15:21Und man muss leider feststellen, dass sich in den letzten drei Bänden überhaupt kein würdiger Gegner mehr findet, der unsere Helden vor ernsthafte Herausforderungen stellen könnte. Kein Quadratus, kein Destructivus, kein Technocratus weit und breit, die nicht nur jeweils ernst zu nehmende Konkurrenten waren, sondern auch interessante Persönlichkeiten.
Es gab aber auch schon viele frühere Bände, die keinen wirklich würdigen Gegner für Asterix und Obelix bereitgehalten haben. Waren Bossix und Gracchus Überdrus in "Sichel" jemals würdige Gegner? Waren Cholerik und Holperik in "Goten" als Personen eine ernstliche Bedrohung? Hat der Zirkus Maximus in Rom Asterix und Obelix in "Gladiator" vor ernstliche Probleme gestellt? Selbst Gaius Bonus in "Gallier" war doch im Grunde schon nur eine Witzfigur, über die sich Asterix und Miraculix nur lustig gemacht haben (Bartwuchs, Erdbeeren, "Ferien auf Kosten der Römer, ...). Sicher, in den Dorfabenteuern gab es häufiger ernstliche Probleme. Aber es gibt auch noch nicht so viele Dorfabenteuer des neuen Duos (und auch nur in denen können die Dorfbewohner jenseits von Asterix und Obelix richtig ausgespielt und entfaltet werden).
WeissNix hat geschrieben: 22. Oktober 2017 15:50ausserdem glaube ich, dass Ferri mit der Reduktion auf die tatsächlich rund 44 Seiten nicht gut klarkommt - bei den Pikten musste er ja kürzen, wie ich mal irgendwo gelesen hatte, und hier kommt das Ende doch sehr abrupt und überstürzt
Aus der Luxusausgabe ergibt sich, dass auch dieser Band von 45 auf 44 Comicseiten (die Landkarte wird offenbar nicht mitgezählt) gekürzt werden musste. Ich stimme aber unumwunden zu: Das Dogma, eine Geschichte auf 44 Seiten erzählen zu müssen, sollte fallengelassen werden, wenn es der Geschichte gut tut. "Geburtstag" hat auch mehr als 44 Comicseiten. Und, ist die Comic-Welt davon untergegangen?

Gruß
Erik
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