Inhalt und Rahmen
In „Asterix in Lusitanien“ brechen Asterix und Obelix in den Westen des Römischen Reiches auf, um einem früheren Sklaven aus Lusitanien – dem heutigen Portugal – beizustehen, dessen Freund, ein Garum-Produzent, zu Unrecht verfolgt wird. Zeichner Didier Conrad und Autor Fabcaro bilden erneut das aktuelle Team, das die Reihe weiterführt.
Die deutsche Ausgabe wurde von Klaus Jöken übersetzt – eine Arbeit, die ich wieder einmal nur loben kann. Jökens Übersetzung balanciert geschickt Lokalkolorit und Lesefluss: das Spiel mit Lusitanien-Akzenten, Namen und lautmalerischen Einfällen wirkt organisch.
Mein erster Eindruck war zwiespältig: Einerseits liefert der Band all das, was langjährige Leser erwarten – Römer-Keilereien, Zaubertrank, Piraten –, ganz nach dem Grundsatz: „Wo Asterix draufsteht, ist auch Asterix drin.“ Andererseits setzt dieses Abenteuer stärker auf erzählerische Tiefe und kulturelle Referenzen. Die Vielfalt an Anspielungen auf portugiesische Kultur – von „saudade“ über Kabeljau bis zu den typischen Pflasterornamenten („calçada“) – ist für ein Asterix-Reisealbum ungewöhnlich dicht.
Stärken
Die Zeichnungen überzeugen mit Detailfreude und warmer Farbgebung; das sonnige Lusitanien ist atmosphärisch gut eingefangen. Die Mischung aus klassischem Asterix-Abenteuer, Verschwörungselementen und landestypischen Einschüben lädt zum genaueren Lesen ein: Es wird nicht nur gekämpft, sondern auch ermittelt, getäuscht und improvisiert. Wer Freude an versteckten Anspielungen hat, findet nahezu auf jeder Seite etwas – von historischen Andeutungen bis zu popkulturellen Seitenhieben.
Meine Lieblingsszenen sind der Aufenthalt der Gallier in der Zweigstelle auf den Seite 22 bis 24 und die schön gezeichnete Mimik von Asterix und besonders Obelix, der auf Seite 23 einen "Orgien-Moment" hat, den wir aus dem Theater von Condate in "Asterix und der Kupferkessel" kennen.
Schwächen
Auf den ersten Blick wirkt der Band jedoch etwas schematisch: Das bekannte Grundmuster – Gallier reisen aus, helfen Unterdrückten, besiegen Römer – scheint nur neu verpackt. Im Vergleich zu früheren, pointensatten Klassikern fehlt stellenweise die spielerische Leichtigkeit im Humor; die Geschichte tritt deutlicher in den Vordergrund, der Gag-Takt ist gemächlicher.
Persönliche Einschätzung
Auch für mich wirkte das Abenteuer zunächst eher routiniert konstruiert. Der Plot ist vertraut, und der Eindruck einer schnellen Rezeptur liegt nahe. Doch beim zweiten Lesen tritt etwas anderes zutage: Die Fülle an sorgfältig platzierten Details, an sprachlichen und visuellen Verweisen auf Portugal, Geschichte und Gegenwart bereichert das Album erheblich. Wer nur auf den obligatorischen Klamauk wartet, wird weniger bekommen; wer jedoch Lust hat, die vielen kleinen Ideen aufzuspüren, wird belohnt.
Damit liegt der Band für mich nicht auf dem Niveau der großen Klassiker – was ich jedoch auch nicht erwarte, denn ein Versuch, René Goscinny zu imitieren, könnte nur scheitern. Stattdessen bietet das Album soliden Spaß und überraschende Tiefe, wenn man sich darauf einlässt.
Fazit
„Asterix in Lusitanien“ ist kein Meilenstein der Serie, aber ein stimmiges und liebevoll gestaltetes Abenteuer, reich an kulturellen Bezügen und visuellen Feinheiten. Sein größter Reiz liegt weniger im schnellen Effekt als im genauen Hinsehen. Wer bereit ist, sich auf diese Entdeckungsreise einzulassen, wird belohnt. Ich vergebe daher eine gute Bewertung – mit der Empfehlung: Nicht nur lesen, sondern erkunden.
Eure Meinung zum neuen Abenteuer (Spoileralarm)
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Re: Eure Meinung zum neuen Abenteuer (Spoileralarm)
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Re: Eure Meinung zum neuen Abenteuer (Spoileralarm)
Ich kann deiner ausführlichen Rezension sehr viel abgewinnen. Vor allem dass der Band beim Nochmal-Lesen besser wird habe auch ich so empfunden.
Und so was schimpft sich Lyriker!