Hallo,
nanu? jetzt ist der Band schon seit mehreren Tagen (auch im SC) auf Deutsch erschienen und noch niemand hat dazu etwas geschrieben? Dann bleibt eine kleine, kritische Würdigung des Bandes wohl mal wieder an mir hängen.
Aufgemacht finde ich den SC-Band an sich sehr schön. Er sieht äußerlich durchaus recht edel aus. Zu begrüßen ist auch, daß jeweils ein kurzer Text zu dem Autor bzw. Zeichner des jeweiligen Hommage-Comics dabei steht. So kann man die Werke wenigstens etwas besser einordnen. Einzig unerklärlich ist mir, warum anders, als bei allen anderen Geschichten, bei derjenigen auf S. 62 ("Touristeninformation" von Kuijpers) der Name des Künstlers über dem Comic steht, anstatt seitlich davon. Da hat wohl jemand beim Layout nicht aufgepaßt.
An sich ganz gut eingestimmt wird man durch ein Vorwort von Sylvie Uderzo und eine "Anmerkung des Herausgebers". Allerdings findet sich leider nirgends eine Angabe, wer dieser Herausgeber eigentlich ist.
Jenseits der Einstimmung des Lesers auf den Anlaß und die Zielsetzung der Hommagen finde ich es allerdings ein wenig unaufrichtig, wenn in diesen vorangestellten Texten der Eindruck erweckt wird, als habe man mit dem Hommagen-Band das Rad neu erfunden oder doch zumindet eine sensationelle Idee gehabt (schrieb ich ja in einem vorigern Beitrag auch schonmal). Natürlich muß nicht unbedingt explizit erwähnt werden, daß man einen entsprechenden Band mit "Uderzo - Von seinen Freunden gezeichnet" (wenn auch in etwas weniger edler Aufmachung) bereits vor 10 Jahren, zu Uderzo's 70stem, herausgebracht hat. Aber man kann doch nicht ernsthaft erwarten, daß die Fans das vergessen haben. Insofern wäre es schon angebracht gewesen, die an sich naheliegende und schon dagewesene Idee etwas weniger hochzuloben. In Wahrheit hat man doch nur auf Bekanntes und Bewährtes zurückgegriffen.
Die Geschichten selbst sind überwiegend ganz nett, aber nicht wirklich gut. Sicher haben all diese Zeichner Talent und es macht auch Spaß, Asterix, Obelix und Co. mal in anderen Stilen und Situationen gezeichnet zu sehen. Allerdings scheint doch dem ganz überwiegenden Teil der Hommageure die zündende Idee für eine Geschichte gefehlt zu haben. Allzu häufig gipfelt eine Geschichte ohne Aussage oder Pointe darin, Asterix und Obelix der Figur des jeweiligen Gratulanten begegnen zu lassen. Vielleicht hätte es mir noch mehr gegeben, wenn ich die Charaktere und Besonderheiten der jeweiligen Bezugscomics der Gratulanten kennen würde, was überwiegend nicht der Fall ist. Da ich aber nicht glaube, daß es allein daran liegt (denn dieser Eindruck ist bei den Hommagen, die an mir bekannte Comics anknüpfen, auch nicht wesentlich anders), ist mir das doch etwas wenig. Sicher kann man nicht ein dutzend Meisterwerke erwarten. Aber ein Schuß mehr Pepp hier und da, hätte aus Lesersicht sicher nicht geschadet. Insoweit ist Jaap's Einschätzung "harmlos und in Ordnung" ganz treffend. Es gibt aber natürlich auch ein paar rühmliche Ausnahmen (dazu unten).
Näher eingehen möchte ich nur auf wenige Hommagen, zu denen es etwas Besonderes zu sagen gibt:
Die Karikatur von Midam auf S. 6 ("Die spinnen, die Blorks") ist gleich die 3. Hommage des Bandes. Sie ziert auch das Backcover, sowie das kürzlich erschienene "Tock Tock" Nr. 38, das aktuelle Ehapa-Programm also. Unten neben der Zeichnung steht, in der französischen Version handschriftlich vom Künstler geschrieben, in der deutschen an diese Schrift angelehnt: "Für Albert! Mit all meiner Bewunderung. Midam". Hier wird indessen der Leser getäuscht. Denn dem Kontext nach wird suggeriert, daß diese Hommage zu Uderzo's 80. Geburtstag entstanden sei, der Künstler also mit dieser Zeichnung dem Asterix-Vater gratulieren wolle. Dies ist aber nicht der Fall. Sehr zu meinem Erstaunen habe ich genau diese Zeichnung mit nebenstehendem Text bereits in einer älteren Veröffentlichung, dem französischen Begleitheft zum 1. Europäischen Comic Salon in Nîmes aus dem Jahre 2002, gefunden. Sie ist also mindestens schon 5 Jahre alt. Damit können die ehrerbietenden Worte des Künstlers aber auch nicht Uderzo's 80. Geburtstag meinen, sondern drücken eine generelle Bewunderung für Uderzo und dessen Lebenswerk aus. Hier hat nichts anderes, als eine Zweitverwertung einer bestehenden und schon veröffentlichten Hommage stattgefunden.
Bei der Geschichte "Touristeninformation" von Kuijpers (ich erwähnte sie in anderem Zusammenhang oben schon einmal) fragt man sich als Leser, ob man hier wirklich die ganze Geschichte zu lesen bekommt. Das liegt zum Teil sicher an dem sehr abrupten Ende, man möchte fast sagen "Abbrechen" der Handlung. Zum anderen aber liegt es vor allem daran, daß diese Geschichte als einzige im oder unter dem letzten Bild weder einen Vermerk "Ende", noch die Unterschrift des Künstlers trägt. Letztere findet sich zwar im ersten Bild, nicht jedoch als Schlußpunkt des Comics. Komisch ist das schon...
Vereinzelt fragt man sich, wie gut der eine oder andere Gratulant die Asterix-Comics wirklich kennt. So stellt man an ein paar Stellen leichte Widersprüche zu den richtigen Asterix-Comics fest. Das ist bei einem solchen Werk zwar keine Schande, hätte aber doch vermieden werden können. Im Werk "Die Vendetta" von Manara etwa werden die Gallier von einer römischen Frau besiegt und es wird der Eindruck vermittelt, als haben die Gallier nur immer gewonnen, weil sie gegen die Römer, nie aber gegen die Römerinnen gekämpft haben. Dieser Ansatz ist schon verwunderlich, denn in
Maestria hatten die Gallier es mit einer ganzen Frauenzenturie zu tun. Sicher, die Gallier dürfen keine Frauen schlagen, selbst wenn sie angegriffen werden. So mag denn also eine einzige Frau die Gallier besiegt haben. Nur ist dann Miraculix' Aussage am Ende erstaunlich. Er bietet Obelix einen ganzen Kessel Zaubertrank an. Mal ganz abgesehen davon, daß die Zaubertrankmenge wohl nichts über das Maß der Stärke aussagt, das dieser verleiht, würde das zum einen nichts helfen, da die Gallier eine Frau ohnehin nicht schlagen dürfen, zum anderen liefe Miraculix Gefahr, Obelix erneut zu petrifizieren, wie schon in
Kreuzfahrt geschehen. Kannte Manara diese beiden Asterix-Abenteuer nicht?
In der Geschichte "Melting Pot" von Vicar sieht man das Römerlager im letzten Bild in Sichtweite des gallischen Dorfes. Man könnte auf die Idee kommen, Herr Vicar habe (nur) den 1. Realfilm gesehen, wo dies ebenfalls unsinnigerweise so dargestellt wurde. Vielmehr wissen wir aus den Comics, daß zwischen dem Dorf und den 4 Lagern ein ausgedehnter Wald liegt (siehe z.B.
Trabantenstadt, S. 4).
Zwei kleine Schnitzer sind auch dem Übersetzer, der, wie ich positiv vermerken muß, wieder Klaus Jöken war, unterlaufen. Auf S. 61 läßt er in der Geschichte "Der Unbekante" von Lloyd Majestix von "Teefix" sprechen. Gemeint ist natürlich Asterix' Vetter Teefax aus Britannien. Sicher könnten in einer Hommage die Namen bewußt abgewandelt sein. Hier aber steht im französischen Original "Jolitorax" und das ist das unveränderte Synonym des deutschen Teefax.
Auf S. 25 läßt Herr Jöken in der Geschichte "Flug 50 v. Chr." von Walthéry Methusalix seine Gattin mit "mein Zuckerpüppchen" anreden. Diese Wortwahl ist schon sehr unglücklich, da der Begriff Zuckerpüppchen allen Asterix-Fans sicher aus
Lorbeeren mit einer doch leicht abweichenden Bedeutung in Erinnerung ist. Dort hatte bekanntlich Kurzschlus zunächst Asterix und Obelix als "Zuckerpüppchen von Tifus" und später, nach seinem Aufstieg zu Cäsar's Leibsklaven, auch sich selbst als solches bezeichnet. Freilich wäre die Verwendung dieses Begriffes legitim, wenn sie vom französichen Original her so vorgegeben wäre. Das ist aber nicht der Fall. Die "Zuckerpüppchen" sind im Französischen "Bibelots". Im Hommagen-Band steht an der Betreffenden Stelle "ma douce". Dieser Begriff deckt sich also nicht, so daß eine solche Übersetzung nicht zwingend war.
Andere Liebkosungen von Methusalix für seine Frau sind "Schnubbelschnäbelchen" (frz. "choubichou"), "Küken" (frz. "poussin") oder "Wachtelchen" (frz. "caille"). Dies zeigt, daß einerseits eine große begriffliche Bandbreite besteht, andererseits aber im Original keiner der bereits existierenden Begriffe zum Einsatz gekommen ist. Herr Jöken wäre also frei in seiner Wahl des passenden Begriffes (aus dem bestehenden Fundus von Methuslaix Aussprüchen oder einer neuen Bezeichnung) gewesen. "Zuckerpüppchen" ist dabei aber eben eine sehr unglückliche Wahl.
Von der Aussage her finde ich 2 der Geschichten insoweit bedenklich, als daß sie vom nicht weiter informierten Leser mißverstanden werden könnten. Zunächst meine ich damit die Geschichte "Eine amerikanische Legende" von Achdé & Gerra. Diese gipfelt letztlich darin, daß Lucky Luke solch eine Revolver-Legende geworden sei, weil er vom Zaubertrank kosten durfte, den einige Indianer über die Jahrhunderte von Asterix' Amerika-Besuch bewahrt haben. Das ist eine lustige Idee, wenn man sie nur als solche nimmt. Jedoch könnte der Leser geneigt sein, die Geschichte so zu interpretieren, daß Lucky Luke von den Asterix-Geschichten inspiriert worden sei. Dies ist aber nicht der Fall, da Lucky Luke bereits 1946 entstanden und schon 1955 von Goscinny getextet wurde, also lange bevor Asterix überhaupt geboren war (1959). Zudem steht es Achdé & Gerra nicht wirklich zu, zu behaupten, Lucky Luke sei von Asterix inspiriert oder beflügelt worden. Denn zu der Zeit, als Lucky Luke zur Legende wurde, "gehörte" die Figur Morris (und Goscinny). Achdé & Gerra haben die Serie erst 2004 übernommen. Natürlich wollen die Künstler diese Aussage auch gar nicht treffen, sondern nur ihre persönliche Zuneigung und Bewunderung für Uderzo bzw. dessen Werk Asterix mit Hilfe der von ihnen übernommenen weltbekannten Figur Lucky Luke ausdrücken. Nur ist das in dieser Form eben doch etwas mißverständlich.
Nicht ganz unähnlich verhält es sich mit der Geschichte "Burgen und Gallier" von Tarquin & Arleston. Diese gipfelt darin, daß Uderzo Goscinny's mittelalterliches Szenario mit den Figuren Asterör und Obelör kritisiert und zu Goscinny's Unverständnis vorschlägt, die Serie lieber mit Galliern zu gestalten. Hier könnte sich doch der so wohl unzutreffende Eindruck einstellen, Asterix sei Uderzo's Idee gewesen, Goscinny habe eher etwas anderes im Sinn gehabt. In Wahrheit haben die beiden gemeinsam die Serie entwickelt. Gerade, da der Band laut Vorwort auch ein bißchen für René Goscinny zu dessen 30. Todestag sein soll, finde ich diesen Schlußpunkt etwas heikel, weil mißverständlich. Goscinny kommt in der Geschichte nicht sehr gut weg. Natürlich wollen die Autoren hier nicht die Entstehungsgeschichte von Asterix verklären, sondern nur eine Pointe setzen. Aber ich hege die Befürchtung, das könnte der eine oder andere Leser falsch verstehen.
Damit nun aber nicht der Eindruck entsteht, ich wolle den ganzen Band nur schlecht machen und jeden noch so kleinen Negativpunkt groß herausstellen, habe ich es mir absichtlich bis zum Schluß aufgehoben, auch zu schreiben, welche Werke mir besonders gut gefallen haben. Dies wäre die "Hommage" von Guarnido, die einfach eine wundervolle Zeichnung ist sowie die Geschichten "Die Mega-Gefahr" von Zep, "Der andere Obelix" von Turf und "Das Nachtleben von Asterix" von Forges. Diesen Geschichten liegt jeweils eine intwelligente Idee zu Grunde und sie machen wirklich - jede in ihrem eigenen Stil - etwas aus dem begrenzten zur Verfügung stehenden Platz.
Gruß
Erik